Es ist Herbst in Potsdam, meiner vorübergehenden Heimat an Land, und die schönen Parks haben sich ein buntes Kleid zugelegt.
Aber der Herbst ist auch die Zeit der METS in Amsterdam – für jeden Bootsbauer so etwas wie Weihnachten. Da findet man alles, was das Herz begehrt, um eine schöne Yacht zu bauen. Also auf nach Amsterdam. Irgendwann im November klingelt daher 4 Uhr früh der Wecker und bald darauf steht man fröstelnd im Morgennebel auf dem Flughafen Schönefeld. Was tut man nicht alles für seine Yacht.
Die METS findet jedes Jahr um diese Zeit im Messezentrum RAI statt. Über 1.500 Aussteller aus aller Welt zeigen auf über 3.000 qm Messefläche einen Querschnitt durch den Yachtbau. Es ist die weltweit größte B2B „leisure marine equipment show„.
Da wir ja in 2018 möglichst bald mit dem Bau der VOLT beginnen wollen, ist die METS der ideale Ort, um mich nach ein paar passenden Lieferanten umzuschauen. Die VOLT – und alle nachfolgenden Yachten der Viator Explorer 42 DS Reihe – beinhalten ja das Versprechen der Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und weitgehenden Wartungsfreiheit. Wir suchen deshalb nur sehr hochwertige Bauteile, die problemlos 10 Jahre funktionieren. Daher ist es eigentlich mein Plan, den Käufern einer VE42 DS Yacht eine Garantie für 10 Jahre anzubieten. Um das möglich zu machen, müssen wir aber noch ein paar potentielle Schwachstellen eliminieren.
Eine davon war ja der Dieselantrieb, den wir durch den neuen AXC10-Wellenantrieb von Oceanvolt ersetzt haben. Auf der METS konnte Oceanvolt übrigens mit seiner neuesten Entwicklung, dem aktiven Verstellpropeller ServoProp, den prestigeträchtigen DAME Award gewinnen. Eine tolle Auszeichnung für das kleine Unternehmen.
Der Herbst ist aber auch die Jahreszeit, zu der es auf einem Boot zunehmend ungemütlich wird. Nachts gehen die Temperaturen in Richtung Gefrierpunkt und die Kälte kriecht durch jede Ritze. Aber am schlimmsten ist die Fußkälte, da der Boden im Salon oder in den Kabinen immer eiskalt ist. Das macht den ganzjährigen Aufenthalt zu einem Härtetest weit weg von der Komfortzone. Daher ist das Thema „Heizung“ sehr wichtig, wenn man eine Yacht für jede Jahreszeit oder auch für Fahrten in die hohen Breiten bauen möchte.
Wie es nicht funktioneren kann, hatte ich auf der VIATOR erfahren müssen. Das Foto entstand vor ziemlich genau 2 Jahren auf Korfu in der Marina Gouvia. Die Winter dort sind kalt und regnerisch, an manchen Tagen waren morgens die Luken mit Raureif überzogen. Als Heizung stand eine Klimaanlage zur Verfügung, die – theoretisch – auch das Schiff heizen sollte. Aber dazu war die Leistung nicht ausreichend, und außerdem waren die Pumpen laut und ohne Landstrom hätte man die ganze Zeit den Generator laufen lassen müssen. Für ein Leben an Bord völlig untauglich.
Ich machte also das, was die meisten Nachbarn in der Marina taten. Ich kaufte einen Heizlüfter, der fast pausenlos lief. Und nachts steckte man in einem Schlafsack, mit dem man auch in der Antarktis hätte überleben können. Doch nichts half gegen die Kälte, die der Boden ausstrahlte. Die Yacht lag nunmal im kalten Wasser und die Kälte übertrug sich wunderbar auf den Innenraum. Die Füße waren eigentlich immer kalt, was dem Wohlbefinden doch recht abträglich war. Komfortabel konnte man es nicht nennen.
Die anderen Optionen für eine Yachtheizung lösen das Problem auch nicht. Da wäre zum einen eine Dieselheizung, wie man sie auch in LKWs verwendet. Der Diesel wird in einer kleinen Brennkammer verbrannt und erhitzt Luft, die dann über Luftkanäle an Bord verteilt wird. Alternativ kann man auch mit Warmwasser heizen, wenn Radiatoren installiert werden. Der Nachteil ist eben, dass man Diesel benötigt – und davon nicht zu knapp. Es werden gerne mal 0,3-0,5 Liter pro Stunde verheizt. Pro Monat kann man da schnell auf 150 Liter Diesel kommen, was für uns völlig ausgeschlossen ist. Außerdem sind die Heizungen alles andere als wartungsfrei und können schonmal ausfallen. Ein weiterer Nachteil ist das Geräusch der Dieselpumpe, das besonders nachts von vielen als störend empfunden wird.
(C) Eberspächer (Schaubild der Airtronic-Dieselheizung)
Viele Langfahrt-Yachten haben daher einen Kanonenofen wie den Reflex (Öl) oder den Dickinson (Holz, Holzkohle, Kohle) an Bord eingebaut. Aber auch hier benötigt man wieder jede Menge Brennmaterial und zumindest bei den Holz- oder Kohleöfen stellt sich das Problem einer möglichen Kohlenmonoxidvergiftung. Und keiner dieser Öfen löst das Problem der Fußkälte an Bord und schafft echten Komfort. Und last but not least paßt das Heizen mit fossilen Brennstoffen einfach nicht zu unserem Anspruch, eine wirklich nachhaltige Yacht zu bauen.
Damit ist der Stand der Technik schon recht umfassend beschrieben. Da ist nichts dabei, was bei mir auch nur ansatzweise Begeisterung hervorrufen würde oder zu unserem Claim „Next Generation Yachting“ passen würde. Auf der METS bekam ich dann aber den Tipp, mal auf dem Stand der Yachtwerft Meyer vorbeizuschauen. Deren Tochterfirma Fibretech Composites hat mit „Fibretemp“ ein Produkt entwicklt, um die GFK – oder CFK-Rumpfformen mit Hilfe eines Carbonlaminats zu heizen. Und das mit niedriger Spannung und sehr energieeffizient. Eine Carbonheizung hörte sich schonmal gut an. Mit ein wenig Recherche ergab sich dann recht schnell, dass solche Heizungen im Hausbau schon etabliert sind. Die Eigenschaften wären für unsere Zwecke ideal.
Legt man an ein Carbonlaminat eine niedrige Spannung (12 oder 24 Volt) an, so wandelt es fast 100% der elektrischen Energie in Wärme. Die Heizung ist somit extrem energieeffizient und heizt sich ohne Anlaufzeit sofort auf. Die Wärmeverteilung ist dabei völlig homogen, ganz im Gegensatz zu beispielsweise Heizschlangen. So eine Heizung ist auch sehr sicher. Zum einen kann die Niedervolttechnologie auch mit Wasser in Kontakt kommen und zum anderen sind Beschädigungen völlig unproblematisch. Selbst wenn man ein Loch in die Heizung bohren würde, kann sie nicht ausfallen. Auch Knicke oder Risse verursachen keinen Kurzschluß wie bei üblichen elektrischen Heizungen.
Die Heizung funktioniert unmittelbar über Infrarotstrahlung, es benötigt also keine Konvektion wie bei einer Warumluftheizung. Die Wärme wird daher sofort gespürt und als sehr angenehm empfunden. Da nicht erst die Luft erwärmt werden muß, kann auch mit geringerer Temperatur geheizt werden Die Wärme überträgt sich direkt auf Objekte oder auch den menschlichen Körper.
Bei der Langlebigkeit ist die Carbonheizung auch unübertroffen. Das Gewebe sollte etwa 4000 Jahre halten, also einiges länger als die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Yacht. Und es ist absolut wartungsfrei. Insofern ist es das ideale Produkt für eine Yacht, auf die man mal 10 Jahre Garantie geben möchte.
Bleibt noch die Frage des Stromverbrauchs. Dazu gibt es von den verschiedenen Herstellern unterschiedliche Angaben. Für einen Raum mit 25 qm wird ein Verbrauch von 600 Watt angegeben, was sehr effizient wäre. Auf dem Boot ist die Raumhöhe ja auch viel niedriger, sodaß ich für den Salon bei entsprechender Isolierung des Rumpfes mal mit unter 1 KW rechne. Aber für eine genaue Ermittlung des Verbrauchs werden Tests notwendig sein. Da wir ja sowieso eine große Batteriebank an Bord haben, sind solche Verbrauchswerte jedenfalls unkritisch. Für Boote ohne Elektroantrieb wäre die Carbonheizung vermutlich derzeit nicht praktikabel – was aber nur ein weiteres Argument für den Elektroantrieb wäre.
Ein weiterer Vorteil der Carbonheizung ist die einfache Installation. Es gibt verschiedene Ausführungen der Heizung. Zum einen hauchdünne Carbongewebe mit gerade mal 0,4 mm Dicke, die man einfach auf Wandpanele oder Bodenplatten auflaminieren kann. Über das Gewebe kommt dann das gewünschte Furnier. Die Heizung ist also völlig unsichtbar. Zum anderen gibt es flexible Carbonnetze, die wie Fliegengitter aussehen. Die lassen sich ebenfalls auflaminieren, oder auch direkt in Sitzkissen und Matrazen einarbeiten.
Man könnte so z.B. sehr einfach die Cockpit-Kissen heizen, wenn man bei Kälte draussen sitzen muß. Oder man legt sie unter den Matratzen-Überzug und kann direkt die Koje heizen, was ebenfalls sehr effizient wäre und nur wenig Energie benötigen würde. Und wie schon erwähnt, durch die Niedervolttechnologie ist das auch völlig sicher.
Bei der VOLT überlege ich mir, Salon und Kabinen mit einem Vinyl-Teppich (da gab es ebenfalls sehr hochwertige Anbieter auf der METS) auszulegen, und das Carbonnetz auf der Unterseite aufzukleben. Dann hat man eine wunderbare Fußbodenheizung, aber trotzdem noch Zugang zur Bilge. Und im Sommer kann man den Teppich einfach aufrollen und verstauen. Zusätzlich kann die Heizung auch in die Deckenpanele integriert werden, da keine Konvektion benötigt wird, um den Innenraum aufzuwärmen. Im Bad wäre es dann eine fest installierte Fußbodenheizung sowie eine Wandheizung im Bereich der Dusche.
Auf Langfahrt ist Komfort auch ein Sicherheitsaspekt. Eine frierende Crew ist nicht voll leistungsfähig und macht Fehler. Insofern lohnt es sich, etwas mehr Zeit in das Thema „Heizung an Bord“ zu investieren. Die Carbonheizung sieht auf den ersten Blick sehr vielversprechend aus. In Gesprächen mit Lieferanten werden wir das nun vertiefen und in die Detailplanung gehen.
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