Brandschutz auf Yachten

von Hendrik Heimer am 20.09.2019 / in Allgemein

Die größte Gefahr an Bord einer Yacht ist nicht etwa ein Leck, sondern ein Feuer. Bei einem Wassereinbruch hat man oft Stunden Zeit, das Leck zu verschließen oder schlimmstenfalls das Boot zu verlassen. Bei einem Brand an Bord können Minuten über Leben und Tod entscheiden. Es entsteht sofort giftiger Rauch, der sich im ganzen Schiff ausbreitet. Deshalb ist ein guter Brandschutz enorm wichtig. Da es im Blog erst in ein paar Wochen mit neuen Fotos vom Ausbau der VOLT weitergeht, widmen wir uns zwischendurch mal diesem wichtigen Thema.

Heute wurden die Feuerlöscher der VOLT angeliefert, sodaß es eine gute Gelegenheit ist, den Brandschutz an Bord der VOLT zu erläutern. Aber auch ein paar grausame Unfälle in der letzten Zeit – wie der Brand an Bord der Motoryacht „Conception“ mit 34 Toten Anfang September 2019 in Kalifornien – ließen mich über das Thema nachdenken. Wenn man hier Fehler macht, wird die Yacht zur tödlichen Falle. Der Blogbeitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder alleinige Richtigkeit. Anregungen, Korrekturen und Ergänzungen werden daher gerne entgegengenommen.

Feuer an Bord der MV Conception – (C) Santa Barbara Sheriff’s Office

Brandursachen

An Bord einer Yacht ist eine Menge Technik auf engstem Raum verbaut. Das alleine ist schon eine erhebliche Gefahrenquelle, zumal die Technik durch Salzluft über die Jahre korrodiert und Fehler auftreten können. Aber versuchen wir mögliche Brandursachen mal zu kategorisieren.

Elektrobrände: durch die ständige Bewegung an Bord und bei unsachgemäßer Installation kann es zu Scheuerstellen in Kabelbäumen kommen, was einen Kurzschluß und einen Schwelbrand zur Folge haben kann. Die Brände bleiben oft lange Zeit unbemerkt, da die Kabel hinter Wandverkleidungen, Isolierung oder Schalttafeln vor sich hin kokeln. Bei einem typischen Brandgeruch also unbedingt der Ursache auf den Grund gehen. Eine weitere häufige Fehlerquelle sind Batterien, die heiß werden und zu brennen anfangen. Hier muß vor allem bei Lithium-Batterien auf eine sachgemäße Installation geachtet werden. Wir verwenden an Bord der VOLT daher die flüssiggekühlten Batterien von MG Energy Systems, da hier die Brandgefahr durch die aktive Kühlung wesentlich verringert werden kann. Inzwischen (Stand Januar 2022) gibt es sogar spezielle Feuerlöscher für Lithium-Batterien. Sie erzeugen einen Nebel aus Vermiculitpartikeln, die auf dem Brandherd eine harte Silicatschicht bilden und damit das Feuer einschließen. Vermiculit ist in seiner natürlichen Form ein Vulkangestein und wird im Ofenbau z.B. für Schamottplatten verwendet.

Gasbrände: in den meisten Yachten wird mit Gas gekocht. Oft wird die regelmäßige Inspektion der Gasanlage vernachlässigt, die Schläuche werden undicht oder lösen sich vom Herd durch die ständige Bewegung des Herdes. Auch hier gilt, bei Gasgeruch unbedingt sofort die Ursache feststellen. Nach jeder Benutzung des Herdes sind die Gasventile in der Küche und an der Gasflasche konsequent wieder zu schließen. Dabei wird zuerst das Ventil an der Gasflasche geschlossen, sodaß das Gas in der Leitung noch im Herd verbrennen kann. Die Flamme erlischt dann von alleine. Wir haben an Bord der VOLT ganz auf Gas verzichtet – nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern vor allem, um die Logistik auf Langfahrt zu vereinfachen. Die Beschaffung einer passenden Gasflasche ist dank dutzender unterschiedlicher Bauweisen und Anschlüssen ein ständiges Ärgernis. Doch beim nun eingebauten Induktionsherd muß man natürlich aufgrund der erheblichen Stromstärken wieder ganz penibel auf die fehlerfreie Elektroinstallation achten – siehe oben.

Fettbrände: Sollte sich beim Kochen das Fett in der Pfanne überhitzen und in Brand geraten, so sollte man eines nie tun: mit Wasser löschen. Das Ergebnis wäre eine riesige Explosion, die das ganze Boot in Brand setzen würde. Und vermutlich auch den armen Koch. Für Fettbrände eignet sich am besten eine Löschdecke, die über die brennende Pfanne geworfen wird und diese erstickt. Sollte das nicht ausreichen, dann gibt es dafür einen Feuerlöscher der Brandklasse „F“ (näheres dazu weiter unten).

Blitzschlag: gegen die Naturgewalt eines Blitzes ist man relativ machtlos. Manche rüsten ihre Boote mit einem Überspannungschutz aus, aber wenn man sich mal die brutale Wirkung eines Blitzes anschaut, dann ist das bei einem direkten Treffer nur Spielzeug. Entlang der Kabel wandert der Blitz ins Bootsinnere und kann erhebliche Schäden an der Elektrik und Elektronik verursachen. Als direkte Folge kann es dann zu einem Elektrobrand kommen (siehe oben). Kleiner Tipp: ist ein Gewitter im Anmarsch, sollte man alle tragbaren Elektrogeräte, Smartphones, Handfunkgerät und Hand-GPS in eine Mikrowelle oder Backofen legen, da diese wie ein Faradayscher Käfig wirken. Insofern könnte der Aluminiumrumpf der VOLT zwar ebenfalls das Innenleben wie ein Faradayscher Käfig schützen, würden da keine Kabel vom Mast und Geräteträger nach Innen gehen. Die Hoffnung bleibt, dass der gut leitende Rumpf eine Menge Energie des Blitzes direkt ableiten würde. Wir müssen es hoffentlich nie testen.

Shit happens: Manchmal läuft eben einfach alles schief und am Ende brennt es. So ist es zum Beispiel tatsächlich passiert, dass eine Adventskerze auf dem Salontisch vergessen wurde, bei einer Welle umgefallen ist und das Mobilar in Brand gesetzt hat. Daher sollte man mit offenem Feuer an Bord immer extrem vorsichtig umgehen, seien es nun Kerzen, Heizöfen, ein Grill oder auch Zigaretten. Ich versuche offenes Feuer weitgehend zu vermeiden und als Ersatz für die romantischen Kerzen gibt es ja schon sehr gute Imitationen mit flackernden LED-Lampen.

Die hätte besser auch der Steward verwenden sollen, als er in der VIP-Suite der 37m Yacht „Andiamo“ Kerzen aufstellte, weil die Elektrik nicht funktionierte. Die Yacht von Sänger Marc Anthony erwartete Gäste, hatte aber einige technische Probleme. Neben dem Stromausfall in der Suite funktionierte auch das Brandmelde- und Löschsystem nicht. Als der dichte schwarze Rauch bemerkt wurde, war es schon zu spät. 2019 brannte die Yacht völlig aus.

Brandschutz

Auch beim Brandschutz müssen wir verschiedene Maßnahmen unterscheiden. Schon beim Bau der Yacht (oder beim Kauf, wenn es eine Serienyacht sein soll) kann man auf den Brandschutz achten. Ganz wichtig sind dabei die Fluchtwege. Da der zentrale Zugang meist über den Niedergang in den Salon führt, wäre dieser Ausgang bei einem Brand im Salon oder Pantry blockiert. Daher muß jede Kabine unbedingt über Luken verfügen, die ausreichend groß sind, damit man durch die Luke ins Freie gelangen kann (sog. „escape hatches„). Außerdem braucht es eine Trittstufe, damit man dann auch im Notfall tatsächlich durch die Luke klettern kann.

Auf der MY „Conception“, die anfangs erwähnt wurde, fehlte genau dieser Notausgang. Die Passagiere im Unterdeck waren durch das Feuer im Hauptdeck gefangen, weil die einzige Fluchtluke ausgerechnet in den brennenden Salon führte und nicht ins Freie. Ein unfassbarer Konstruktionsmangel, der die Frage aufwirft, warum das in den 1980-er Jahren gebaute 75-Fuß Schiff überhaupt eine Betriebslizenz bekommen hatte.

Weitere konstruktive Maßnahmen können feuerfeste Schotten im Rumpf sein, um verschiedene Sektionen zu trennen. Wir haben zum Beispiel ein solches Schott zwischen dem Wohnbereich und dem Maschinenraum unter dem Cockpit. Dort befindet sich der Generator und die Heizung, die beide mögliche Brandursachen sein könnten. Bei einem Brand würde das Feuer also nicht sofort auf den Wohnbereich übergreifen und man würde wichtige Zeit gewinnen, um den Brand zu bekämpfen.

Brandbekämpfung

Die Brandbekämpfung ist umso einfacher, je kleiner das Feuer ist. Ein Feueralarm über Rauchmelder im Boot ist daher eine entscheidende Komponente des Brandschutzes. Rauchmelder sind günstig und daher sollte man sie an allen kritischen Punkten im Boot installieren. An Bord der VOLT befindet sich je ein Rauchmelder im Maschinenraum, Salon und in der Vorschiffskabine.

Bei einem Alarm sollte man zuerst die Art des Feuers (siehe „Brandursachen“) erkennen, um dann die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Aber die erste Entscheidung sollte sein, ob das Boot aufgegeben werden muß oder ob eine Brandbekämpfung noch möglich ist. Wenn sich ein Brand schon ausgebreitet hat, dann ist mit Bordmitteln meist nichts mehr zu retten. Dann sollte es nur noch um den Schutz der Besatzung gehen. Je nach Situation setzt man noch einen Notruf ab, aktiviert die EPIRB, schnappt sich den „Grab Bag“ und was sonst noch erreichbar ist und verläßt das Schiff über Dinghy oder Rettungsinsel.

Falls eine Brandbekämpfung erfolgreich erscheint, dann ist als allererste Maßnahme immer die Brennstoffzufuhr zu unterbrechen. Bei einem Gasbrand wäre das also das Ventil an der Gasflasche, bei einem Brand der Dieselheizung oder im Generator / Motor die Dieselzufuhr und bei einem Elektrobrand muß der Hauptschalter ausgeschaltet werden.

Dann kommen die Feuerlöscher zum Einsatz (falls die bereits erwähnte Feuerdecke bei Fettbränden nicht ausreicht). Auch hier gibt es sehr unterschiedliche Löschmittel für die verschiedenen Brände, die in sog. Brandklassen eingeteilt werden:

Man benötigt also den passenden Feuerlöscher für jedes Feuer. Die gängigsten und auch günstigsten Löschmittel sind Pulver- und Schaumlöscher. Doch sind sie auch für den Einsatz an Bord einer Yacht geeignet? Pulverlöscher haben den Nachteil, dass sie in kleinen geschlossenen Räumen die Sicht auf Null reduzieren. Man steht in einer weißen Pulverwolke. Außerdem versaut man sich damit das ganze Boot, was zu erheblichen Kollateralschäden führt. Das chemisch aggressive Pulver kann auch die Elektronik beschädigen und muß vollständig entfernt werden.

Schaumlöscher sind daher eine ganz gute Alternative, auch wenn sie ebenfalls erhebliche Rückstände hinterlassen. Doch sollte man unbedingt darauf achten, keine Schaumlöscher auf Wasserbasis zu kaufen. Zum einen können sie unter Null Grad einfrieren und zum anderen sind sie für Fettbrände nicht nur ungeeignet, sondern extrem gefährlich (siehe oben). Deshalb nur einen Schaumlöscher kaufen, der für die Brandklassen A, B und F zugelassen ist.

So ganz zufrieden waren wir damit noch nicht, da wir für Elektrobrände gerne noch einen Löscher an Bord gehabt hätten, der rückstandsfrei löscht und mit dem wir kleine Brände löschen können, ohne gleich das ganze Boot zu versauen. Früher gab es dafür das Löschmittel Halon, dass aber leider nur noch in Flugzeugen eingesetzt werden darf. CO2-Löscher haben den Nachteil, dass man sie in geschlossenen Räumen nur mit Atemmaske verwenden kann. Aber nun hat 3M mit dem Löschgas Novec 1230 die ideale Alternative entwickelt. Es ist für Menschen ungiftig, hinterläßt keinerlei Rückstände und löscht ein Feuer der Brandklassen A, B oder C unmittelbar – ähnlich wie einst Halon. Da wird das Feuer wie mit einem Schalter einfach ausgeschaltet. Sehr eindrucksvoll. Deshalb findet man die Novec-Löscher meist in Rennwagen eingebaut. Da gibt es nichts besseres, um sich als Fahrer gegen einen Brand zuschützen.

Der Nachteil ist der Preis, der etwa 9-10 mal so hoch ist wie bei einem Schaumlöscher. Für einen 2kg-Löscher muß man mit ca. 350 Euro rechnen.  Doch im Vergleich zu den Kosten eines Brandschadens fällt das nicht ins Gewicht. Die Novec-Löscher können auch über Viator Marine bezogen werden. Am besten eine E-Mail schicken.

Hier noch ein Foto unserer Ausrüstung an Bord der VOLT. Vorne die Rauchmelder, dahinter der graue Novec-Löscher und die roten Schaumlöscher.

 

Feuerlöscher an Bord der VOLT

Eine Brandbekämpfung mit Feuerlöschern ist aber nur möglich, wenn man auch an Bord ist oder wenn der Brandherd gefahrlos zu erreichen ist. Oft wird der Brand erst richtig angeheizt, wenn man eine Luke oder Tür öffnet, und frischer Sauerstoff einströmt. Deshalb machen automatische Feuerlöschanlagen Sinn, die selbstätig auslösen und ein Löschmittel versprühen. Allerdings sind solche Anlagen sehr teuer.

Eine gute Alternative für private Yachten ist daher mabo: eine Kunststoffröhre, die bei etwa 84 Grad C aufplatzt und eine Löschflüssigkeit versprüht. Die Menge reicht für ca. 16 m3, also gut ausreichend für den Motorraum einer Yacht oder einen Schrank mit Elektrik. Mit einem Preis von ca. 125 Euro ist mabo auch noch gut bezahlbar.

Vorsicht: ich hatte gerade einen Anruf vom Hersteller und er warnte mich vor Fälschungen von mabo aus China. Das Original hat einen Tropfen im Logo. Im Zweifelsfall beim Hersteller nachfragen, da bekommt man garantiert das Original.

Original-mabo:

Fälschung:

 

 

 

Das Video zeigt, wie schwierig ein Feuer auf einer Yacht zu löschen ist, wenn es mal richtig brennt. Extrem wichtig ist daher die sehr frühzeitige Erkennung eines Brandes und schnelle Löschversuche, bevor er sich ausbreiten kann. Dafür helfen Rauchmelder und automatische Löschsysteme wie mabo.

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Video-Link: https://youtu.be/qR7YvPK5MSA

 

Beiträge von Lesern:

Ergänzung 22.09.2019 durch Peter Gruber (Feuerwehrmann und ehemaliger Ausbilder in der Feuerwehrschule Südtirol): Ich würde die Frühzeitige Erkennung des Brandes als einen der wichtigsten Punke sehen (3 wie auf dem Bild sind zu wenig) , Brandmelder gibt es für wirklich wenig Geld und man sollte sie auch in Bereichen einbauen wo Brände entstehen könnten, sprich Batterieraum, Motorraum, usw.  Ich glaube nur so haben sie überhaupt eine Chance den Brand mit so kleinen Löschern zu bewältigen. Ebenfalls würde ich die Löschdecke immer als erstes verwenden damit erhalten sie die Zeit um mit den Löschern zu arbeiten. 

Ergänzung 24.10.2019: Info zu mabo hinzugefügt

Ergänzung 27.02.2020: ich bin durch Zufall auf diesen dramatischen Augenzeugenbericht eines Brandes einer Motoryacht vor der ägyptischen Küste gestoßen. Er zeigt mal wieder, wie wichtig Sicherheitsmaßnahmen sind und wie schnell es lebensbedrohlich wird, wenn es erst einmal brennt. Hier der Link.

Ergänzung 03.10.2021: ein weiterer interessanter Bericht über einen Brand auf einer Yacht, der vermutlich von der Ankerwinsch ausgelöst wurde. Diesmal ging es glimpflich aus, weil der Brand schnell zu löschen war. Allerdings verursachte der Pulverlöscher eine erhebliche Verschmutzung und damit weitere Probleme. Ein Schaumlöscher ist daher immer vorzuziehen, wenn man keinen rückstandsfreien Löscher wie den Novec 1230 an Bord hat. Hier der Link zum Bericht.

Ergänzung 10.01.2022: über 2 Jahre nach dem Brand der MY „Conception“ (siehe ganz oben) hat die US Coast Guard jetzt endlich neue Sicherheitsvorschriften erlassen. Da diese Vorschriften so völlig selbstverständlich sind, muss man sich schon fragen, ob es vorher überhaupt Vorschriften gegeben hat? Und natürlich gibt es Ausnahmen für Fischerboote und Fähren. Da hat wohl wieder die Lobby eine Verschärfung verhindert, weil das mit Kosten verbunden wäre. Das Gerichtsverfahren gegen den Captain hat auch noch nicht begonnen.

 

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